Was versteht man unter der Due Diligence (DD) beim Unternehmensverkauf?
Sie kommt am Ende eines Verkaufsprozesses und ist für alle Beteiligten nochmal eine richtig große Anstrengung – Die Due Diligence beim Unternehmensverkauf, kurz DD. Deren Durchführung ist ein unvermeidlicher und entscheidender Schritt auf dem Weg zum Abschluß einer Transaktion. Der Begriff „Due Diligence“ stammt aus dem US-Recht und kann frei mit „notwendiger Sorgfalt“ übersetzt werden. Es bezeichnet eine sorgfältige Untersuchung aller rechtlichen, steuerlichen, finanziellen und wettbewerblichen Aspekte eines Unternehmens durch den Kaufinteressenten, um Risiken und Chancen des geplanten Kaufs für Gegenwart und Zukunft einzuschätzen. Ziel ist es auch, einen realistischen Unternehmenswert und einen angemessenen Kaufpreis festzulegen sowie die Plausibilität der vom Verkäufer vorgelegten Unterlagen und Informationen zu prüfen.
In diesem Artikel werden wir einen Überblick über das Thema Due Diligence beim Unternehmensverkauf geben, wie es bei KMUs gewöhnlich darstellt. Dabei ist es nahezu egal, ob es sich um Onlineshops und E-Commerce-Unternehmen handelt oder Betrieb aus anderen Branchen. Bei sehr kleinen einfach strukturierten Unternehmen (Einzelunternehmen, GBR…) mit Umsätzen unter ca. 2,5Mio.€ funktioniert die DD im Prinzip ähnlich, in der Durchführung jedoch wesentlich vereinfacht.
Wann wird eine Due Diligence durchgeführt?
Eine Due Diligence Prüfung erfolgt in der Regel im Vorfeld eines Unternehmensverkaufs nach Abschluss eines LOI (Letter of Intent). Im LOI wird auf Grundlage aller bis dahin diskutierten Informationen und Verhandlungen ein konkretes Szenario für einen Unternehmensverkauf zwischen Verkäufer und Käufer skizziert. Der LOI ist rechtlich noch unverbindlich, da die Käufer und deren beteiligte Banken alle vom Verkäufer erhaltenen Informationen noch im Rahmen einer Due Diligence prüfen wollen.
Im Ergebnis wollen sie den genauen Zustand des Unternehmens kennenlernen und sicherstellen, dass alle vom Verkäufer gegebenen Informationen richtig und alle Annahmen aus dem LOI zutreffend sind. Bringt die DD neue wichtige Sachverhalte zu Tage, werden Kaufpreis oder andere Vereinbarungen möglicherweise nochmals diskutiert werden müssen. Nach einem positivem Abschluss der DD können Käufer und Verkäufer guten Gewissens den Kaufvertrag unterzeichnen und den Unternehmensübergang vollziehen.
Die 4 Arten der Due Diligence
Wir unterscheiden vier Arten der Due Diligence beim Unternehmensverkauf, die normalerweise parallel von beiden Parteien und deren Beratern, wie Steuerberater, Anwälte, Wirtschaftsprüfer und M&A-Berater durchgeführt werden.
Financial Due Diligence
Die Financial Due Diligence konzentriert sich auf die finanziellen Aspekte des Unternehmens. Hier werden die Bilanzen, Finanzplanungen, Cash-Flows und andere finanzielle Kennzahlen aus der Vergangenheit des Unternehmens analysiert und die während des Verkaufsprozesses aufgestellten Prognosen auf ihre Erreichbarkeit kritisch abgeklopft. Das Ziel ist, die finanzielle Stabilität und Rentabilität des Unternehmens zu bewerten und mögliche bisher verborgene Risiken aufzudecken.
Legal Due Diligence
Die Legal Due Diligence befasst sich mit den rechtlichen Aspekten des Unternehmens. Gegenstand der Prüfung sind hier Verträge, rechtliche Vereinbarungen, laufende und überstandene Gerichtsverfahren, Abmahnungen und andere rechtliche Dokumente. Ziel ist, mögliche rechtliche Risiken in den Verhältnissen zu Kunden, Lieferanten, Mitarbeitern, Gesellschaftern, Behörden etc. zu erkennen, um drohende Rechtsstreitigkeiten abzuwenden und die Rechtssicherheit des Unternehmens insgesamt zu bewerten.
Tax Due Diligence
Die Tax Due Diligence prüft die steuerlichen Aspekte des Unternehmens. Hier werden Steuererklärungen, Steuerbescheide und andere steuerliche Sachverhalte aus der Aktivität des Unternehmens im In- und Ausland unter die Lupe genommen und eventuelle Steuersparmodelle aus der Vergangenheit kritisch geprüft. Ziel ist hier, mögliche Steuerrisiken und -verpflichtungen zu identifizieren und die steuerliche Situation des Unternehmens zu bewerten.
Commercial Due Diligence
Die Commercial Due Diligence durchleuchtet den Wettbewerb, in dem das Unternehmen steht. Hier werden Marktdaten und -prognosen, direkte und indirekte Wettbewerber, Kunden- du Lieferantenbeziehungen und andere relevante Informationen überprüft. Beim Verkauf eines E-Commerce-Unternehmens werden noch spezielle Sachverhalte aus dem Bereichen Performance Marketing, Technologie und Online-Kennzahlen unter die Lupe genommen. Der Käufer will sich dadurch ein Bild von der Wettbewerbsposition des Unternehmens auf den Märkten verschaffen und mögliche Potentiale und Risiken identifizieren.
Ablauf der Due Diligence beim Unternehmensverkauf
Die Durchführung einer Due Diligence Prüfung ist ein für Verkäufer und Käufer sehr fordernder Prozess, der vor allem für den Käufer mit hohen Prüfungskosten verbunden sein kann. Bei kleineren, einfach strukturierten Unternehmen sind für eine Due Diligence in der Regel 6-8 Wochen anzusetzen, bei größeren und komplexeren Firmen sind eher drei bis vier Monate die Regel. Diese Zeit schließt auch die Erstellung eines Kaufvertrages mit ein. Für die Zeit der DD vereinbaren Verkäufer und Käufer meist eine Exklusivitätsphase, in der der Verkäufer das Unternehmen nicht an einen anderen Bieter verkaufen darf oder sogar jeder Kontakt zu anderen Interessenten unterbunden ist. Der Ablauf der Due Diligence erfolgt in mehreren Phasen.
Die Vorbereitung
In dieser Phase sind vor allem der Verkäufer, seine Mitarbeiter, Steuerberater und M&A-Berater gefragt.
Zu Beginn werden alle relevanten Unternehmensunterlagen gesammelt und für die Prüfung vorbereitet. Dazu gehören zum Beispiel Bilanzen, Verträge, Steuererklärungen, Geschäftsberichte und andere wichtige Unterlagen. Alle Dokumente sollten von Beginn an vollständig und gut strukturiert sind, um den Prüfungsprozess zu erleichtern. Meistens übergibt der Verkäufer dem Käufer eine mehr oder weniger lange Anforderungsliste mit oft Hunderten von Dokumenten und Themen, die er gerne prüfen würde. Da KMUs ihre Unternehmensaktivitäten im laufenden Betrieb meist nicht umfangreich und detailliert dokumentieren, muss oft eine Abstimmung erfolgen, welche Dokumente nötig und mit welchem Aufwand realisierbar sind. Käufer und Verkäufer können hier sehr unterschiedliche Ansichten haben. Der Verkäufer muss in der DD „die Hosen herunterlassen“ mit dem Risiko, dass noch Sachverhalte auftauchen, die den Deal am Ende doch noch platzen lassen. Ein guter M&A-Berater identifiziert bereits frühzeitig Sachverhalte mit Potential zum Showstopper und bringt diese auf dem Tisch oder bereinigt sie.
Alle Unterlagen werden in einem strukturierten elektronischen Datenraum gespeichert, der oft vom M&A-Berater des Verkäufers gestellt und verwaltet wird. Alle beteiligten Akteure haben in verschiedenen Rollen Zugriff darauf. Bei kleinen Unternehmen mit wenigen am Deal Beteiligten reicht dazu meist ein einfacher DropBox-Account oder Ähnliches, bei größeren Unternehmen bieten sich cloudbasierte Datenraum-Systeme wie dataroomX.com, idealsvdr.com oder drooms.com an, bei denen auch die Kommunikation zwischen den beteiligten zu den Unterlagen der DD über den Datenraum läuft.
Prüfung und Bewertung
In dieser Phase werden die gesammelten Dokumente und Informationen analysiert. Aktivität fällt nun hauptsächlich auf Seiten der Käufer an, die zusammen mit ihren Anwälten, M&A-Beratern, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern alle Informationen auswerten und bewerten. Der Verkäufer und seine Berater beantworten vor allem anfallende Rückfragen. Nach Abschluss aller Prüfungen werden mögliche Risiken und Potentiale identifiziert und bewertet. Mit dieser Bewertung kann der potenzielle Käufer eine fundierte Entscheidung über den Kauf des Unternehmens und seine endgültige Kaufpreisvorstellung treffen.
Abschluss und Kaufvertrag
Im LOI haben sich Verkäufer und Käufer gegenseitig versichert, den Unternehmenskauf nach den dort beschriebenen Vereinbarungen tätigen zu wollen, wenn sich in der DD keine gravierenden Sachverhalte ergeben, die dagegen sprechen. In der Praxis wird meist auf zeitlich halbem Weg ein Zwischenstand besprochen. Haben sich bis dahin in der Due Diligence keine Showstopper ergeben, kann der Kaufvertrag erstellt und abgestimmt werden. Allerdings: Kaum ein KMU-Unternehmer prüft sein Unternehmen laufend in einer derart tiefgehenden Art und Weise, wie das bei einer DD passiert. Deshalb tauchen oft doch noch Fakten auf, die abermals zu Diskussionen über den Kaufpreis und die Abwicklung der Transaktion führen. Besonders den M&A-Beratern kommt hier die Aufgabe zu, mit Erfahrung, Sachverstand und kühlem Kopf zwischen den Parteien so zu vermitteln, dass ein für beide Seiten akzeptables Ergebnis entsteht, das in den Kaufvertrag einfließen kann und die Transaktion insgesamt zu Stande kommt.
Fazit
Die Due Diligence ist ein wesentlicher Bestandteil eines erfolgreichen Unternehmensverkaufs und dessen letzte große Hürde vor dem Abschluss. Alle relevanten Aspekte des Verkaufs und des Unternehmens kommen auf den Tisch und werden vom Käufer kritisch geprüft. Das gilt insbesondere für die Sachverhalte, über die sich die Parteien schon zuvor im LOI unverbindlich geeinigt hatten. Eventuell müssen Kaufpreis oder Konditionen nachjustiert werden.
Für den Käufer ist eine professionell durchgeführte DD die notwendige Versicherung für ein langfristig erfolgreiches Investment. Auch die finanzierenden Banken geben ohne einen Due Diligence-Bericht kein grünes Licht für eine Finanzierung.
Für die Verkäufer bedeutet die DD vor allem viel Arbeit und Rechtfertigung, für die sie oft wenig Verständnis aufbringen. „Die Firma läuft doch gut, wozu der ganze Aufwand“, hören wir häufig. Wie so oft kommt es aber auch hier auf gute Vorbereitung und eine strukturierte Vorgehensweise an. Als M&A-Berater begleiten wir unsere Mandanten auf der ganzen Länge des komplexen DD-Prozesses. Wir unterstützen bei der Erstellung und Auswertung von Daten, organisieren den Datenraum und vermitteln wo nötig, um einen erfolgreichen und guten Abschluss der Transaktion zu erreichen.